Grönland scheint seinem Namen alle Ehre machen zu wollen. Letzte Woche wurden wir von einem Extremereignis auf Grönland „überrascht“. Doch unsere Leidensfähigkeit ist in den letzten Jahren schon oft auf die Probe gestellt worden; und wie das so ist, wenn ein Extremereignis das andere jagd: man stumpft ab. Was noch vor einigen Jahren durch die gesamte Presse als hochbrissante Information verbreitet worden wäre, ist zu einem Randereignis mutiert. Gut genug, das Postdamer Institut für Klimaforschung nach den Auftrittwahrscheinlichkeiten eines solchen Ereignisses zu fragen, viel mehr auch nicht. Hier hört man, dass die gesamte Fläche des Grönland-Eises etwa alle 150 Jahre betroffen ist. Nicht, dass man dabei gewesen ist, aber man hat ja Forschungen betrieben, die das eindeutig belegen. Extremereignis. Zurück in die Schublade. Auch in Peking gab es ein Extremereignis: es regnese so viel, dass die Hauptstadt Chinas mit mehr als 17 Mio. Einwohnern an einigen Stellen meterhoch unter Wasser stand. Extremereignis auch in den USA, hier droht eine Hitzewelle die Getreideprodukte in die Höhe zu jagen.
© dpa / Nicolo E. DiGirolamo, SSAI/NASA GSFC, und Jesse Allen, NASA Earth Observatory
Naja und wie sollte es anders sein, auch in Spanien haben besonders hohe Temperaturen dieses Jahr wieder für Waldbrände entlang der Mittelmeerküste gesorgt. Jetzt schon (Juli) sind mehr Quadratkilometer verbrandt als im gesamten Jahr 2011. Angefacht wurden die Brände auch durch die Wirtschaftskrise in Spanien. Von den 65.000 Mio Euro, die die spanische Regierung unter Ministerpräsident Rajoy auf geheiss der EU und des IWF in den nächsten zwei Jahren einsparen will, war natürlich auch die Feuerwehr betroffen. So stehen sowohl weniger Feuerwehrleute zur Brandbekämpfung als auch weniger Material in Form von Feuerwehrautos etc. zur Verfügung. Man muss kein Wirtschftsexperte sein, um zu wissen, dass die Vorsorge immer billiger ist als nachträgliche Beseitung von Schäden. Ganz zu Schweigen von den Menschen, die bei diesen Feuern umkommen. Doch Rajoy lässt sich durch nichts beirren, weder durch die Tatsache, dass die Arbeitslosigkeit immer dramatischere Züge annimmt (seit seinem Regierungsantritt vor 8 Monaten ist sie um mehr als 700.000 angesteigen), noch durch den Unwillen der Strasse. Am 18. Juli gingen in 80 Städten Spaniens hunderttausende Menschen auf die Strasse, um gegen seine Sparpolitik zu protestieren. Die Situation Griechenlands scheint ihn auch nicht zu beunruhigen. Die grieschiche Regierung hat sich durch eine konsequente Sparpolitik in die katastrophe manövriert. Niemand scheint so recht zu wissen, wie man Griechenland aus dieser Misere helfen soll, also, frei nach Rössler: in die Wüste schicken. Der nächste Bitte. Dass wir in einer globalisierten Welt leben, in der selbst das Schicksal eines kleinen Landes über die Zukunft eines ganzen Kontinents mitentscheiden kann, scheint dem Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland nicht so recht aufgegangen zu sein. Abgesehen von seinem Menschenbild. Empathie für die notleidende Bevölkerung scheint ihm unbekannt zu sein, aber katholisch ist er. Bedenkt Herr Rösler, was seine Worte für ein Signal in Richtung Märkte bedeuten? Ich denke, dass die Menschen in Deutschland verstehen, welchen Idealen er auch hier folgen würde. Rajoy sollte gewarnt sei. Doch unbeirrbar hält der spanische Ministerpräsident sein Kukident-lächeln in die Kamera: Leiden kann uns nur besser machen.