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...entweder reichen wir uns die Hände, oder wir schließen uns dem Trauerzug unserer eigenen Beerdigung, in einem einzigen, riesigen Massengrab an. (Sygmunt Bauman)

Wir sollten etwas tun.

1,1°

Wir könnten noch etwas tun.

Ach hätten wir doch was getan.

2,5°

Jetzt können wir sowieso nichts mehr tun.

Hallo!… Hallo?… (Frei nach Martin Niemöller).

Spanien brennt

In der letzten Woche wurden in Spanien alle Rekorde gebrochen. Temperaturen bis 45C und sogar darüber wurden in den meisten Provinzen des Landes gemessen. Überall scheint es zu brennen. Jeden Tag werden neue Feuer gemeldet. Selbst solche, die man unter Kontrolle glaubte, werden durch die horrenden Temperaturen und die neu aufkommenden Winde erneut entfacht. Es scheint, als ob sich die Götter dieses Jahr gegen Spanien verschworen hätten und dieses Land einfach nicht zur Ruhe kommen lassen wollten. Ungeheure Feuersbrünste haben sich in La Palma und La Gomera, auf den Kanarischen Inseln, bei Temperaturen von sage und schreibe bis zu 39C entfacht. Inseln, auf denen die Temperatur bisher nie über 25C stieg.

 

Copyright: Manuel Lorenzo (EFE)

Nicht viel anders ergeht es Spanien mit der Rendite für spanische Anleihen, die in achter Woche in Folge die bisher kritische Marke von 500 Basispukten überschreitet. Kein Land, so sagte es der spanische Finanzminister Luis de Guindos, kann sich auf Dauer bei einem solch hohen Prozentsatz finanzieren. Alle Augen warten gespannt auf die Entscheidung des spanischen Ministerpräsidenten Rajoy. Alle erwarten, dass er das Handtuch wirft und sich unter dem europäischen Rettungsschirm stellt. Damit würden der IWF, die EZB und Brüssel endgültig die Geschicke der spanischen Finanzpolitik bestimmen. Das wäre auch das Ende von Mariano Rajoy und seiner so glanzvoll gefeierten absoluten Mehrheit. Übrigens hat ihn just diese absolute Mehrheit offensichtlich blind für das Leiden der spanischen Bevölkerun gemacht. Trotz mehrfacher Angebote der Gewerkschaften hatte er sie nicht zu einem Gespräch empfangen. Erst als die Gewerkschaftsführer der beiden größten Gewerkschaften in Spanien auf Vermittlung des DGB-Chefs Michael Sommer von Angela Merkel zum über einstündigen Gespräch empfangen wurden, ließ sich Rajoy dazu herab, ebenfalls mit Ihnen zu reden. Ungeheuerlich, surrealistisch.

In der Basis brodelt es. Die Gewerkschaften weisen auf die unerträgliche Arbeitslosigkeit von 25% hin. Als ob alle bisherigen Einsparungen nicht genug wären, sollen allen Arbeitslosen, die bisher zwei Jahre das Arbeitslosengeld bekamen ab dem 1. September die 400 €, die sie anschließend bekamen, ersatzlos gestrichen werden. Fast 200.000 Familien hätten damit kein Einkommen mehr. Ungeheuerlich, surrealistisch.

Der soziale Frieden hat bisher gehalten. Doch wie lange noch? Wie lange kann eine Gesellschaft, die solch ungeheuren inneren Spannungen ausgesetzt ist, aushalten? Die Gewerkschaften prophezeien eine heißen Herbst. Ob es dabei zu einem unkontrollierten Flächenbrand kommt, hängt nicht zuletzt vom Verhalten der spanischen Regierung ab. Bisher hat sie wenig Sensibilität für die Nöte der spanischen Bevölkerung gezeigt. Sie verschanzt sich hinter ihrer absoluten Mehrheit und leitet aus ihr das Recht ab, den Sozialstaat bis auf ihre Grundmauern niederzubrennen- so zumindest wird es mittlerweile selbst von Leuten gesehen, die sie gewählt haben.  Wollen wir hoffen, dass die Vernunft am Ende siegt und ein großer sozialer Pakt zwischen Regierung, Opposition und Gewerkschaften (die Kirche ist missing) das Schlimmste verhindern wird. Ansonsten wird Spanien brennen.


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