Ich komme gerade aus Spanien. Drei Wochen war ich dort, wo ich -seit dem ich denken kann- meinen Urlaub verbringe. Zum ersten Mal habe ich aber das Gefühl gehabt, nicht in der Realität zu leben. Ja, es stimmt: es herrste eine überschwengliche Freude als die „Roja“, die spanische Nationalelf, Italien mit einem sagenhaften 4:0 besiegte. Spanien war in den nächsten beiden Tagen wie in einem Rausch. Diesem Rausch sollte aber bald die Katerstimmung folgen.
Rajoy, der spanische Ministerpräsident, hat vor sieben Monaten eine vorausgesagte absolute Mehrheit bekommen. Die spanische Bevölkerung hat ihn gewählt, weil er ihnen versprochen hatte, sie aus der Krise zu führen. Das Problem waren nicht die Märkte und die fehlenden fiskalpolitischen Instrumente, wie der damals regierenden Zapatero der spanischen Bevölkerung weismachen wollte, nein, das Problem -so Rajoy- war Zapatero selbst. Er habe die Krise verkannt, habe mit seiner persönlichen Unfähigkeit Öl ins Feuer gegossen. Allein seine Wahl werde die Märkte beruhigen und Spanien werde wieder zu alter Kraft finden. Natürlich sei sein vorrangiges Ziel Arbeitsplätze zu schaffen…etc. etc. etc.
Quelle: http://www.flickr.com/photos/ppcyl/3987266649/
Spanien verändert sich seit jenen Tagen seiner Wahl in einem atemberaubenden Tempo.
Jeden Freitag regiert Rajoy seitdem mit Sondergesetzen, die er -falls nötig- durch das Palament mit Hilfe seiner absoluten Mehrheit durchpeitscht. Die Beschneidung des Sozialstaates ist das Ziel. Dabei scheint ihm jedes Opfer recht zu sein. Ob Arbeitslose, Beamte oder Bedienstete im Öffentlichen Dients, ob das Gesundheits- oder das Bildungssystem, ob Polizei oder Feuerwehr (!). Forschungsinstitute, die in den letzten 20 Jahren aufgebaut und zum Teil internationalen Ruhm geniessen, müssen mit 50% weniger Geldauskommen. Das Aus.
Will man verstehen, wo Rajoy und seine Partei überall den Rotstift anlegen, so muss man nur in sein Wahlprogramm schauen. Er macht das genaus Gegenteil dessen, was er dort versprochen hat. Ja, es stimmt, er hat eine absolute Mehrheit bekommen, weil die spanische Bevölkerung glauben wollte, dass er sie aus der Krise führen könne. Er hat keine absolute Mehrheit bekommen, um Spanien in den wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Ruin zu treiben.