Niemand hat bei der Gründung der Europäischen Union behauptet, dass es einfach werden würde. Die Erfahrung eines alles zerstörenden Krieges noch vor Augen, das Wissen um die Existenz einer Bombe, deren Zerstörungskraft alles vorher Dagewesene in den Schatten stellte, galt es, einen erneuten Krieg auf europäischem Boden unter allen Umständen zu verhindern. Und so starteten schon 1951 die sechs Gründungsmiglieder ein gemeinsames Abenteuer, das Europa in den letzten 60 Jahren auf eine Weise zusammengebracht hat, wie sie in der Geschichte dieses Kontinents einmalig ist. Ein Experiment, das seinesgleichen im zwanzigsten Jahrhundert sucht.
Doch die Weiterentwicklung der EU mit der Einführung des Euro 2002 hatte einen Schönheitsfehler auf den -neben vielen Anderen- Jacques Delors hingewiesen hat: Es fehlte eine einheitliche Fiskalpolitik. In Zeiten einer florierenden Wirtschaft hat das Fehlen einheitlicher fiskalpolitischer Instrumente zwar zu zwischenstaatlichen Reibereien, doch nie zu ernshaften Problemen geführt. Weder wurde der Euro nachhaltig in Frage gestellt noch die EU selbst.
Dies hat sich in den letzten vier Jahren, seit dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers in den USA und dem beinahe Zusammenbruch vieler Banken in Europa, grundlegend geändert.
Länder wie Spanien, die in die Krise geraten, haben keine Möglichkeit beispielweise ihre Währung abzuwerten. Eine Maßnahme, die vor Einführung des Euro die Situation wesentlich entschärft hätte. Von einer solchen Abwertung hätte die Tourismusindustrie profitieren können, die Waren wären billiger geworden und der Export hätte gehalten oder sogar gesteigert werden können. Doch das geht jetzt nicht mehr. Der Euro ist eine starke Währung und das hängt nicht zuletzt mit der Exportkraft der deutschen Wirtschaft zusammen, die bekanntlich Export-Weltmeister ist.
Zudem müssen die Länder der Europäischen Union ihren Geldbedarf auf dem Kapitalmarkt befriedigen. Die Europäische Zentralbank (EZB) leiht ihnen dieses Geld nicht. Spanien muß aktuell einen Zinssatz von fast 7% bezahlen. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Länder von den Ratingagenturen (die seit Jahren eine zweifelhafte Rolle spielen) permanent herabgestuft werden, gleichgültig welche Anstrengung sie unternehmen, ihre Lage in den Griff zu bekommen.
Die USA, England, China und viele andere Länder drängen Merkel nicht länger mit ihrem Nein zu einer gemeinsamen Fiskalpolitik in der EU, auf der politischen Bremse zu stehen.
Die letzten vier Jahre beweisen, dass allein die Austeritätspolitik diejenigen Länder, die in die Krise geraten, aus eigener Kraft nicht mehr aus ihr herauskommen.
Eindrucksvolles Beispiel war letztes Wochenende die Gewährung von 100 Milliarden Euro für Spaniens kränkelnde Banken. Sicher, die Einigung, die in letzter Minute getroffen wurde, zeigt, dass die EU noch handlungsfähig ist. Doch wie lange noch?
George Soros, der bekannte amerikanische Investmentbanker, hat letzte Woche seine Stimme erhoben und der EU noch drei Monate (!) eingeräumt, um ihre Probleme zu lösen. Angesichts solcher Stimmen kann es einem Angst und Bange werden.
Es scheint, als ob der Ausgang der Wahlen in Griechenland den Europäern noch eine Galgenfrist eingeräumt hätte. Doch die Märkte lassen nicht locker. Das große Geld weißt um die Schwächen der europäischen Fiskalpolitik und wird nicht länger ruhen bis Europa sich auf eine EZB einigt, die ihren Namen verdient hat oder es wird in einem großen Big Bang untergehen. Wer nämlich dachte, dass mit dem Ausgang der Wahlen in Griechenland Ruhe an Europas Front einkehrt, sieht sich getäuscht: Spanien wird unvermindert angegriffen. Zu der ohnehin prekären Situation der spanischen Banken und mit ihnen der spanischen Wirtschaft, kommt die unerklärliche Dümmlichkeit des spanischen Ministerpräsidenten. Über Jahre hat er Zapatero (ehemalige Ministerpräsident) vorgeworfen, die Dinge nicht beim Namen zu nennen. Also die 2008 einsetzende Krise auch so zu nennen. Jetzt macht er genau das gleiche und nennt die Rettung der spanischen Banken die Gewährung eines „günstigen, langfristigen Kredits“. Die G20 Länder treffen Maßnahmen, falls Spanien gerettet werden muss…